Samstag, 26. Januar 2019

Autoreninterview mit Hendrik Esch




Hey meine Lieben, 

diese Woche habe ich meine Rezension zu dem neuen Kriminalroman "Jagdtrieb" veröffentlicht. Ihr findet sie: hier!
Ich durfte nun auch ein Interview mit Hendrik Esch führen und möchte mich an dieser Stelle recht herzlich dafür bedanken. 






Hallo Hendrik, 
danke, dass du dir Zeit für dieses Interview genommen hast. Wie würdest du dich selbst mit drei Worten beschreiben?

Nur drei Worte? Das ist hart. Na gut: "Ich bin Anwalt". Klingt erstmal albern, aber es sind auch gut gewählte Worte! Anwalt ist mehr als nur ein Job, ein Beruf, eine Ausbildung. Anwalt sein verändert völlig deinen Blick auf die Welt und die Menschen. Du wirst ein Grenzgänger, so nenne ich es gern. Die wichtigste Erkenntnis: Wir sind und bleiben immer Menschen, im Guten wie im Bösen. Und wenn ein Mensch zu mir kommt, dem ich helfen soll, hilft mir diese Einsicht. Jeder "Bösewicht" war mal ein Guter. Und jeder Gute kann ganz schnell zum Bösewicht werden! Wenn Du, die erfolgreiche Buchbloggerin Bettina, die garantiert nicht Schlimmes angestellt hat, eines Tages vor mir stehst, und erzählst, die Kripo sei hinter dir her, weil du eine Bank ausgeraubt hast, dann bist du immer noch derselbe Mensch wie vorher. Nur mit ein paar Problemen mehr. Und die zu lösen, dafür sind wir Anwälte da. Ich mag Menschen. Ja. Ich bin Anwalt, genau deshalb.

Wow, dass ist eine tolle Sicht auf die Menschen und ich denke es sollte definitiv mehr Menschen geben die so denken.
"Jagdtrieb" ist ja dein erster veröffentlichter Roman. Wie hat es sich für dich angefühlt dein fertiges Buch zum ersten Mal in den Händen zu halten?

Das erste Buch war gar kein richtiges. Es war ein so genannter POD, ein "print on demand". Die Dinger druckt der Verlag vorab in winzigen Mengen, um sie zum Beispiel BloggerInnen oder der Presse vorzustellen. So eins hatte ich in der Hand es war einfach unbeschreiblich! Ich hab das Teil übrigens behalten und nicht an die Medien weitergegeben. Verpetzt mich bitte deshalb nicht bei Goldmann es gab nämlich nur 20 Stück davon. Ich hüte es wie einen Schatz. Ein einfach großartiges Gefühl war das! Nach jahrelanger Arbeit am Ziel!

Also ich werde dich bestimmt nicht verraten ;)
Paul Colossa, der Protagonist deines Romans, ist Anwalt, genau wie du selbst auch. War dir von Anfang an klar, dass du über einen Anwalt schreiben möchtest oder kam dir die Idee dazu eher spontan?

Ich wollte schon vor Jahren mal einfach einen Roman schreiben, aber jeder, der das mal versucht hat, versteht mich sicher: Ich habe es nicht durchgehalten! Ich habe einfach drauflos geschrieben und dann ging mir die Pust aus. Außerdem...es war grottenschlecht. Dann hat mir jemand geraten, doch über meine Fälle zu schreiben. Die sind teilweise ziemlich speziell! Das habe ich probiert, aber es hat immer noch nicht geklappt. Aber im dritten Anlauf, es war vor drei Jahren, da ist der Knoten geplatzt. Da lief es plötzlich wie von selbst! Also...spontan war die Idee nicht. Und vermutlich gibt es nichts, worüber ich besser schreiben könnte, als über Anwälte. Und über meine Fälle. Die Geschichte von Jagdtrieb lehnt sich nämlich an reale Fälle an, die ich selbst erlebt habe.

Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei und dein Ehrgeiz hat sich auf jeden Fall gelohnt!
Wie hast du denn zum Schreibe gefunden und was war der Auslöser dafür?

Ich weiß nicht, ob das stimmt, aber ich habe das Gefühl, dass das Schreiben in einem drin steckt. Und es will raus! Es gibt garantiert Menschen, die überhaupt kein Bedürfnis haben, kreativ zu schreiben. Denen gefällt es schlicht nicht. Und dann gibt es Menschen, die diesen inneren Drang haben. Ich sage: wer es in sich spürt, der soll es versuchen. Es muss ja nicht immer ein gedruckter Roman herauskommen! Das Schreiben an sich ist es, was Freude bereitet! Wenn es dann auch noch gelesen wird, ist es eine doppelte Freude. Ich wollte es immer - und ich freue mich, dass zum Beispiel Du mein Buch gelesen hast!

Trotz kleinerer Kritikpunkte habe ich es auf jeden Fall gerne gelesen! Welches Buch konnte dich denn zuletzt begeistern?

Nicht lachen! Es ist das Sachbuch "Darm mit Charme". Guilia Enders packt da ein ... naja ... heißes Thema mit grandioser Leichtigkeit an. Sehr lesenswert!

Ich muss gestehen, ich hatte jetzt schon fast einen Thriller erwartet, aber "Darm mit Charme" klingt ja auch ganz gut :D
Wie sieht dein Schreiballtag aus? Hast du bestimmte Rituale auf die du auf gar keinen Fall verzichten kannst?

Ich schreibe fast immer abends daheim. Und eigentlich fast jeden Tag. Es ist ein schöner Ausgleich zu meiner Arbeit in meiner Kanzlei. Oft habe ich tagsüber bei Gericht etwas erlebt, was ich unbedingt in einer Geschichte verarbeiten mag. Und ich stelle dafür meinen Laptop auf so ein besonderes chinesisches Holzklapptischchen. Ganz schön kauzig, wenn ich jetzt so darüber nachdenke!

Also verarbeitest du erlebtes praktisch noch am selben Tag. Wie lange hat der Prozess von der ersten Idee für dein Buch bis zur Fertigstellung gedauert?

Den allerersten Versuch mit Paul Colossa habe ich schon vor acht Jahren gemacht! Nach dreißig Seiten war ich fertig. Mit den Nerven! Aber dann habe ich jahrelang über diese Figur nachgedacht. Den jungen Rechtsanwalt Paul Colossa... über den Beruf des Anwalts, über manche Fälle, die ich erlebt habe. Über Menschen, denen ich begegnet bin. Als ich vor drei Jahren erneut anfing, kannte ich Colossa wie einen guten Freund. Alles passte plötzlich. Und nach acht Monaten war der erste Entwurf von "Jagdtrieb" fertig. Das war Ende 2016. Ich wollte gar keinen Krimi schreiben und es ist glaube ich auch kein klassischer Krimi oder Thriller. Es ist einfach aus dem Leben gegriffen und das passt nicht so recht in eine Schublade. Wichtig ist mir der Effekt der Überraschung: Ein einfaches Beispiel: der fiese Wolf auf dem Cover. Er begegnet den Leserinnen und Lesern natürlich im Roman! Aber ganz anders als erwartet. Und das passiert mir in meinem Beruf ständig. Auch darüber habe ich viel erzählt!

In deinem Kriminalroman erfährt man ja auch einiges über den Beruf des Anwalts. Ich fand diese Passagen extrem spannend, da mich Geschichten rund um Anwälte und Gerichte schon immer fasziniert haben. War es dir besonders wichtig, einen Einblick in den Alltag eines Anwalts zu geben?

Danke, dass du das ansprichst. Ja! Das ist mir wirklich besonders wichtig und ich habe selten wirklich etwas Passendes über die Realität unserer Arbeit gelesen. Viele Geschichten, in denen es um Anwälte geht, werden eben nicht von Anwälten geschrieben. Das macht einen großen Unterschied, glaube ich. Deshalb wollte ich unbedingt aus erster Hand darüber erzählen. Weil es oft besonders schräg ist. Aber auch besonders traurig, spannend, aufregend. Mitunter gefährlich - immer wieder werden Kolleginnen und Kollegen Opfer von Übergriffen. Und ganz ehrlich: gelegentlich saukomisch und auch todlangweilig. Alles in allem ein Traumberuf. Und ich lade meine Leserinnen und Leser ein, tief in diese fremde Welt einzutauchen und selber einmal die Menschen durch die Brille von uns Anwälten zu sehen. 

Ich habe diese Einblicke auf jeden Fall sehr genossen. "Jagdtrieb" stellt den Auftakt einer Reihe dar. Kannst du uns denn schon etwas zum zweiten Band verraten? Worum wird es gehen und wann können wir in etwa mit einer Veröffentlichung rechnen?

Ich arbeite gerade am Finale des zweiten Bandes. Ich darf soviel verraten: Paul lernt nichts aus seinen Fehlern und er kann froh sein, dass sein schräger Freund Attila Nerven wie Drahtseile hat. Paul wird extremen Ärger mit den Medien haben und er wird seltsame Dinger über berauschende Substanzen erfahren. Wichtig ist mir, wie schon im ersten Teil: Ich möchte eine Geschichte erzählen, die sich leicht und unbeschwert, hoffentlich genussvoll, lesen lässt. Ich möchte ein paar spannende Details aus dem Beruf des Anwalts erzählen: Ich lehne mich wieder an reale Fälle an, die ich selbst erlebt habe. Und trotz aller Leichtigkeit des Textes möchte ich zwischen den Zeilen einiges an Tiefgang verbergen, ohne dabei nervig, belehrend oder anstrengend zu sein. Es geht übrigens auch diesmal wieder viel um das seltsame Miteinander von Männern und Frauen.

Das klingt definitiv schon mal sehr vielversprechend und spannend und ich freue mich schon sehr auf diese Geschichte!


Vielen lieben Dank Hendrik, dass du dir für meine Leser und mich die Zeit für ein Interview genommen hast. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht und ich wünsche dir alles Gute für deine weiteren Projekte. 




1 Kommentar:

  1. Hallo,

    dass das Anwalt-Sein den Blick auf die Welt verändert, das kann ich mir gut vorstellen. Man fragt sich ja oft, wie kann ein Anwalt das mit sich vereinbaren, diesen oder jenen Verbrecher zu vertreten. Geir Lippestad hat zum Beispiel viel darüber gesprochen, warum er Massenmörder Anders Breivik verteidigt hat, und das fand ich sehr interessant und auch absolut nachvollziehbar und lobenswert.

    Ich schreibe seit vielen, vielen Jahren und mache auch seit einigen Jahren jeden November beim NaNoWriMo mit, was dazu geführt hat, dass jede Menge halbgare Manuskripte in der Schublade liegen... Vielleicht schaffe ich es ja mal, so eins wirklich zu überarbeiten und was damit zu machen.

    "Jagdtrieb" klingt sehr interessant, ich werde es mal unserem Krimi-Lesekreis vorschlagen, wenn wir uns Anfang Februar wieder treffen.

    LG,
    Mikka

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